Samstag, 26. November 2016

Ich ein AGG Hopper ?

Nachdem ich (63 Jahre jung / Betriebswirt) mir vom zweiten Arbeitgeber eine knallharte diskrimierende Behandlung gefallen lassen musste begann ich mich erstmalig für das Arbeitsrecht zu interessieren.

Und ja, ich habe Klage eingereicht.

Was passierte ?

Der AG bzw. seine Rechtsverdreher argumentierten sofort mit der Theorie, daß ich ja wohl ein AGG Hopper sei.

Also brachte mich die erste Klage am zuständigen AG sofort in den Verdacht mich rechtsmissbräuchlich beworben zu haben.

Ergebnis:

1750 EURO Vergleichssumme !

Für die Suchmaschinen:
Arbeitsrecht, AGG Hopper, Agg-Hopping. Betrug, Advokat, Rechtsverdreher

Links

Links:

http://elo-forum.info/index.php/Thread/4742-Wann-liegt-sogenanntes-AGG-Hopping-vor/


Ich habe jahrelang Bewerbungen fast täglich erhalten und gelesen, wie meine Ex-KollegInnen auch. Jeder der mit Stellenbesetzungsverfahren zu tun hat, weiß, wie müßig alleine das Aussortieren sein kann. Es gibt die "Sichtprüfung" im wahrsten Sinne. Person A gefällt mir, ok. Person B gefällt mir nicht, Ablage P. Davor wird oder sollte zumindest nach Schwerbehinderungen gesucht werden. Ist das irgendwo zu lesen, egal ob im Bewerbungstext, im Lebenslauf, als Anlage, unter Anlagen aufgeführt, man lädt den Bewerber ein - sicherheitshalber. Egal, ob der einem gefällt oder nicht. Egal, ob der das Anforderungsprofil erfüllt oder nicht. Man weiß ja nie, was ein Rechtsverdreher aus einer Nichteinladung eines schwerbeinderten Bewerbers machen kann. Und wer will schon ständig seine Versicherung oder um Begleichung von Entschädigungszahlungen anrufen oder vorm Arbeitsgericht landen, was dann später in der regionalen Presse steht? Diese schwerbehinderten Bewerber werden dann meist alle an einem Tag hintereinander oder parallel abgefertigt, wo schon längst das Stellenbesetzungsverfahren abgeschlossen ist und spätestens da feststand, welcher Cousin vom Kollegen X den Job bekommt. Jeder kennt dann solche Gespräche mit diesen (armen) Schwerbehinderten, die nicht wissen, wie interessiert die gegenübersitzenden Personen sind. Jeder von den gegenübersitzenden Personen ist langweilig, man ist nicht ganz bei der Sache, man amüsiert sich zwischen den Gesprächen und man muss sich bemühen, im Gespräch ernst zu bleiben. Jeder von diesen Personen freut sich meist aber über diesen Tag, weil es fast wie Urlaub ist.
Kleine Anmerkung zwischendurch: gemeint sind KEINE Stellenbesetzungsverfahren, Vorstellungsgespräche ... wo gezielt "nur" Schwerbehinderte gesucht werden, weil es um teil- oder komplett finanzierte/bezuschusste Stellen geht, und z. B. der AGS/die Reha-Teams der Arbeitsagenturen gezielt nach schwerbehinderten Arbeitslosen angeschrieben werden.
Nun gibt es aber auch Arbeitgeber, KollegInnen, denen das SGB IX und das AGG vollkommen egal sind. Die o. g. Reihenfolge wird ein wenig abgeändert und ob da jetzt was von Schwerbehinderung steht oder nicht, ist doch alles Hupe. Schwerbehinderte kosten i. d. R. mehr Geld, sind öfter krank, haben mehr Urlaub, benötigen oftmals teure Hilfsmittel, leben ihren Schwerbehindertenstatus nach der Probezeit gerne mal aus. Ja, welcher Chef, Kollege ... kennt das nicht? Es werden also auch schwerbehinderten Bewerbern, die das Anforderungsprofil 1000 %ig erfüllt haben und die ihre Schwerbehinderteneigenschaft gesetzeskonform in den Bewerbungsungerlagen angegeben haben, nicht eingeladen. Einfach in der Hoffnung, dass die keine Entschädigunszahlungen geltend machen. Wenn die dann rummeckern werden die nachträglich eingeladen. Und jeder weiß, an dieser Stelle dann wohl auch schon der Meckerer, dass diese nachträgliche Einladung den Fehler, nämlich das Nichteinladen, nicht heilt. Dann, je nach EG und evtl. Verfahren, könnte es sehr teuer werden. Aber günstiger, als einen schwerbehinderten einzustellen, der nach der Probezeit ständig krank ist!
Um die ersten zwei oder auch drei kurzen Eingangssätze zu untermauern, könnte ich jetzt verschiedene Aktenzeichen von Gerichtsverfahren nennen, aber das würde zu weit führen.

„AGG-Hopper” bleiben AGG-Hopper

„AGG-Hopper” bleiben AGG-Hopper

avatar  Detlef Grimm

Die Kollegen von Gleiss Lutz hatten nach Inkrafttreten des AGG ein „AGG-Archiv“ (www.agg-hopper.de) eingerichtet. Dort hatten sie Personen registriert, die Arbeitgeber gerichtlich oder außergerichtlich auf Entschädigung wegen Einstellungsdiskriminierung in Anspruch genommen hatten. Von den zuletzt 376 registrierten Personen waren 61 Personen mit drei oder mehr Anspruchsfällen registriert. Spitzenreiter war ein 43-jähriger Groß- und Außenhandelskaufmann aus Norddeutschland. Er hatte sich in 116 berichteten Fällen auf Stellen beworben, vor allem auf solche, die ausschließlich in weiblicher Form ausgeschrieben waren, aber später auch auf solche mit unzulässiger Altersbeschränkung. Zum Schluss gab er sogar dem Spiegel ein Interview (Heft 23/2009, S. 66).
Nachdem Gleiss Lutz wegen datenschutzrechtlicher Problemstellungen das Archiv im August 2009 geschlossen hatte (eine Schlussbilanz ziehen Diller/Kern/Zeh, NZA 2009, 1386) hatte einer der AGG-Hopper, der mit insgesamt neun AGG-Verfahren im Archiv aufgetaucht war, Gleiss Lutz auf 7.000,00 € Schmerzensgeld sowie Erstattung außergerichtlicher Anwaltskosten und auf Mitteilung an eine Vielzahl von Wirtschaftsverbänden, dass der Kläger von Gleiss Lutz rechtswidrig in das AGG-Archiv aufgenommen worden war und kein AGG-Hopper gewesen sei, verklagt.
Die Klage ist vom OLG Stuttgart im Urteil vom 11.04.2013 – 2 U 11/12 (ebenso wie erstinstanzlich vom LG Stuttgart) abgewiesen worden. Die Aufnahme des Klägers in das AGG-Archiv habe schon keine rechtswidrige und schuldhafte Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts dargestellt. Selbst wenn eine solche unterstellt werden würde, hätte sie nach Auffassung des OLG Stuttgart die für einen Entschädigungsanspruch erforderliche Schwere nicht erreicht. Die wiedergegebenen Tatsachen fielen in die Sozialsphäre des Klägers, weil sie Gerichtsverfahren betroffen hätten, in denen der Kläger selbst aufgetreten sei und die öffentlich verhandelt worden seien. Die wiedergegebenen Daten seien überdies auch wahr. Die Daten seien auch nicht dazu geeignet gewesen, dem Kläger einen unverhältnismäßigen Schaden zuzufügen, weil es an der für ein Verbot der Wiedergabe wahrer Daten unabdingbaren Breitenwirkung (Streuwirkung) gefehlt habe. Das AGG-Archiv sei mit einer Medien- oder Internetveröffentlichung nicht vergleichbar.
Soweit der Kläger unmittelbar oder mittelbar als „AGG-Hopper“ bezeichnet würde, handele es sich um eine nicht schmähende, nicht stigmatisierende und dadurch den Kläger vorab diskreditierende und vom öffentlichen Diskurs ausschließende Äußerung. Wie schon das LAG Hamburg im Urteil vom 23.06.2010 (5 Sa 14/11, bei juris Rz. 65 ff.) dargestellt habe, habe sich der Begriff AGG-Hopper für Personen, die die in § 15 AGG geschaffenen Diskriminierungsregelungen als Einnahmequelle entdeckt und auszunutzen versucht hätten, im Rechtsleben durchgesetzt. Aufschlussreich sind schließlich die Ausführungen des Senats zur Vielzahl der – gescheiterten – Verfahrensrügen der Berufungsbegründung.
Damit ist wohl das Schlusskapitel des Gleiss Lutz’schen AGG-Archivs gesprochen.